Aus der Serie: Plötzlich Führungskraft

Heute beschäftigt uns nicht der emotionale Eiswürfel, sondern der Vorgesetzte mit zu viel Gefühl.

Wie viel Emotion ist zu viel? Geht das überhaupt, fragst Du Dich jetzt bestimmt.

Leider ja.

Zuviel Gefühl in der Führung kann ja auch bedeuten, dass der Chef cholerisch ist – ist halt auch ein Gefühl.

Aber es gibt auch die positiven Emotionen, wie Mitgefühl, Verständnis, Mitleid, Sorge, Fürsorge und sogar die übertriebene Variante, das Verhätscheln einzelner Mitarbeiter, weil sie so schwach erscheinen oder es so verdammt schwer haben.

Ohne Emotionen geht es gar nicht, wie soll das auch unter Menschen funktionieren. Jedoch ist die Interpretation entscheidend.

 

Schubladen

Schnell wird man in diese oder jene Schublade gesteckt.

Gern wird angenommen, dass der Chef eine/n Mitarbeiter/in ganz besonders schont, lobt oder fördert. Dann gilt er sogleich als unfair, beeinflussbar und zu weich.

Hier gilt es zu bedenken, dass auch Führungskräfte Menschen sind, mit einer Lebensgeschichte, mit Erfahrungen und einer eigenen Weltsicht.

Es ist oft auch für einen Vorgesetzten nicht einfach, nur auf den Kopf oder den Bauch zu hören. Kein Gedanke, der nicht vorher den biologischen Prozess der Emotion durchlaufen hätte. Denn dies ist unmöglich.

Zunächst einmal ist eine Emotion lediglich das Trägermaterial einer Information – und zwar einer aus der eigenen Lebenswelt. Zwar kann man übersteigerte Reaktionen steuern lernen, wie z.B. Wutausbrüche oder Weinen, dennoch sind diese Gefühle da.

Gerade eine Führungskraft muss aber in jeder Minute seiner Präsenz darauf achten, adäquat zu agieren und zu reagieren. Das kann bei mittleren oder großen Teams natürlich nicht nur auf fruchtbaren Boden fallen. Der eine empfindet die Führungskraft als “schlecht gelaunt”, der nächste als Eisblock, ein anderer als Weichei. Jeder beurteilt hier nach seiner emotionalen Interpretation des Gesagten, sei es nun verbal oder nonverbal.

 

Du hast kein Spiegelbild

Im Gegensatz zu Mitarbeitern, die sich untereinander austauschen und reflektieren können, hat die Führungskraft keine Spiegelungsmöglichkeit oder eher selten. Meist erfährt er auch lediglich über den “Flurfunk” wie sein Team zu ihm steht oder eine gerade getroffene Entscheidung bewertet.

Du kannst Dir sicherlich vorstellen, wie viel Energie hier verbraucht wird, um ständig “richtig” zu handeln. Wer sagt denn, dass die Führungskraft eine soeben getroffene Entscheidung selbst gutheißt? Möglicherweise hat er selbst keine andere Wahl und hat diese Weisung erhalten, folglich hat er sie dem Team so zu verkaufen, als stünde er voll und ganz dahinter. Das ist sein Job.

Manchmal sind Entscheidungen, die im Sinne eines Unternehmens getroffen werden müssen, nicht gerade prominent. Denk hier nur mal an Entlassungswellen, Sparmaßnahmen in der Produktion, Standortverlegungen in weit entfernte Regionen oder Auflösungen einzelner Abteilungen.

 

Zwischen den Stühlen

Auch hier steht eine Führungskraft zwischen vielen, vielen Stühlen. Einerseits die unternehmerische Seite, andererseits die menschliche, die familiäre nicht zu vergessen. Überall muss diese Führungskraft die Entscheidungen, die u.U. ganz woanders gefällt wurden, verteidigen, verkaufen, durchziehen und voll und ganz dahinter stehen.

Du kannst Dir sicher vorstellen, dass die Führungskraft sich nicht immer wohlfühlt mit diesen Auswüchsen. Auch kann es krank machen, ständig seine wahre Gefühlswelt zu unterdrücken. Es ist eben die Aufgabe einer Führungskraft, sich hinter die Entscheidungen des übergeordneten Managements zu stellen. Hier ist es eben einfach nicht angebracht, seine persönliche Sichtweise darzustellen. Wie würde dies denn auch auf die Mitarbeiter wirken? Souverän ganz bestimmt nicht, oder?

Selbst wenn hundert Managerzeitschriften die gewollte Emotionalität im Unternehmen proklamieren, sie ist, zumindest hier in Deutschland, immer noch verpönt (zumindest hinter vorgehaltener Hand).

Studien besagen sogar, Führungskräfte hätten regelrecht Angst vor Gefühlsausbrüchen der Mitarbeiter, insbes. wenn diese mit Tränen einhergehen aber eben auch Angst vor eigenem Kontrollverlust.

 

Zickenkriege

Es gilt immer noch, “hart” zu sein im Business. Auch einer der Gründe, warum viele Frauen in Führungspositionen sich einen männlichen Kleidungsstil zulegen, Gefühlsäußerungen komplett unterdrücken und natürlich sofort als Karrierebiest der eiskalten Sorte eingestuft werden.

Nicht selten sind hier sogar die weiblichen Mitarbeiterinnen selbst die Nestbeschmutzer.

Solange wir aber von klein auf lernen, dass ein Indianer keinen Schmerz kennt und nur Mädels weinen dürfen, solange glauben wir auch, Sachziele hätten oberste Priorität im Unternehmen und Emotionen gehören in die Freizeit.

 

Woran Du merkst ob Deine Führungskraft Emotionen unterdrückt

Zunächst mal an einer gewissen Unverbindlichkeit.

Diese Führungskraft bedient sich häufig allgemeingültiger Phrasen wie z.B.

…wir müssen alle den Gürtel enger schnallen

…wir wollen Synergien schaffen

…wenn wir alle an einem Strang ziehen, packen wir das

… ich habe euch mitzuteilen

… der Vorstand wünscht…

Klare Zielformulierungen an die Mitarbeiter bleiben aus, dies schafft Verunsicherung unter den Mitarbeitern.

 

Der Vorgesetzte hört Dir nicht zu

Nicht, weil er eiskalt ist, sondern aus Angst vor seinen eigenen Emotionen, würgt er lieber ein Gespräch ab bevor es zu sehr in die Tiefe abdriftet.

 

Undiszipliniertes Verhalten der Mitarbeiter in Meetings

Und kein Vorgesetzter da, der hier Einhalt gebietet. Viel zu lange wird unbotmäßiges Verhalten geduldet. Die Mitarbeiter verdrehen schon die Augen und der Selbstdarsteller bekommt die volle Bühne für seine Eitelkeiten.

Lautstärke, die einer Grundschulklasse zur Ehre gereichten würde, wird ebenfalls ausgesessen. Milde lächelnd wird abgewartet bis es sich von allein beruhigt.

 

Täglich die gleiche Stimmung

Niemand ist jeden verdammten Tag genau gleich “drauf” auch eine Führungskraft nicht. Sehr oft aber werden auch hier einfach nur sämtliche Gefühle unterdrückt, schließlich geht es die Mitarbeiter nichts an, wenn man grad mal unpässlich ist, Sorgen hat, familiäre Spannungen herrschen oder gar ein Todesfall eingetreten ist.

 

Ambivalentes Handeln

Die Entscheidungsmacht wird nicht genutzt. Die Mitarbeiter fühlen sich wie Schiffspassagiere ohne Kapitän. Es wird solange gezögert, bis nur noch Flächenbrände gelöscht werden können, obschon das Austreten der kleinsten Flamme gereicht hätte.

 

Machtspiel

Macht wird ausgenutzt. Anweisungen werden einfach verteilt. Vorgaben einfach von “oben nach unten” kommuniziert. Hier fehlt es eindeutig an Unterstützung.

Die Mitarbeiter reagieren nur noch und es erfolgt infolgedessen Dienst nach Vorschrift. Die Mitarbeiter fühlen sich unverstanden und empfinden fehlende Rückendeckung, weil der Führungsstil nicht berechenbar ist.

Magst Du tiefer in dieses Thema einsteigen, empfehlen wir Dir an dieser Stelle folgenden Artikel

http://karrierebibel.de/weichei/

Kennst Du ein “Weichei” als Führungskraft? Welche Erfahrungen hast Du damit gemacht? Ist es schlecht ein Weichei zu sein, was meinst Du?

Der eine wartet, bis dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.

Dante Alighieri

www.quovadix.de
Elke Dola ist PotentialProfiler und Mindset-Ninja, Wirksamkeitstrainerin, Keynote-Speakerin, Dozentin für Körpersprache, Rhetorik und positive Kommunikation, Referentin für salutogene Gesprächsführung, Kolumnenschreiberin, Arbeitspädagogin, Texterin und staatl. gepr. Referentin für Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit (DAPR), Mentor für Online- und OfflineunternehmerInnen und zert. psychologische Beraterin nach Dr. Migge