Plötzlich Führungskraft

Jetzt brauchst Du einen objektiven Sparringspartner.

Kaum eine Rolle, die schwieriger zu bewältigen wäre als die, vom ehemaligen Kollegen zur Führungskraft des womöglich gleichen Teams zu werden. Bisher warst Du der lustige, gutmütige und beliebte Kollege. Du kennst die Gerüchteküche in -und auswendig. Du weißt, was bisher genervt hat und wie ihr als Team die Gepflogenheiten der bisherigen Führungskraft auseinandergepflückt habt.

Bisher warst Du auf der “anderen” Seite, hast vielleicht hin und wieder mitgelästert.

Ist menschlich und auch wichtig.

Aber die Situation bleibt kompliziert. Wer wird hinter Dir stehen? Wer gönnt Dir den Posten, wer nicht. Wie verschaffst Du Dir Akzeptanz.

Dir muss der Spagat zwischen der respektierten Führungskraft und der Vertrauensperson von einst gelingen.

 

Dein Kollege gönnt es Dir nicht

Richtig schwierig wird es, wenn auch ein anderer Kollege von Dir sich für eben genau diesen Job beworben hatte und abgelehnt wurde. Wird er jetzt Dein Antagonist?

Bedenke auch, dass Du ab sofort kritisch beäugt wirst. Du gehörst jetzt zu “denen da oben”. Du stehst also plötzlich auf der anderen Seite.

Ab sofort wirst Du nicht mehr in Kollegenfrühstücksrunden integriert werden, niemand wird mit Dir die Mittagspause bestreiten, läuft doch der andere Gefahr als Schleimer identifiziert zu werden.

Außerdem weißt Du einfach zu viel über Deine zukünftigen Mitarbeiter, Du kennst private Storys, Vorlieben, Hobbys, Ansichten, Mißstände und Meinungen.

Möglicherweise werden sich einige von Dir abwenden, nicht bösartig, nur vorsichtig, abwartend, zurückhaltender.

Es wird also ein wenig einsam für Dich, ganz bestimmt in den ersten Monaten Deiner neuen Position.

Niemand wird Dich spiegeln, ehrliches Feedback ist nicht zu erwarten. Jeder hat Angst davor evtl. Grenzen zu überschreiten. Der eine oder andere bereut sogar, Dir persönliches erzählt zu haben, aus Angst, dies könne ihm nun zum Nachteil gereichen.

Du glaubst das alles noch nicht?

Folgendes Beispiel habe ich selbst erlebt:

Wir, ein Team von 12 Leuten trafen uns häufig in der vorgeschriebenen 30 minütigen Pause im Aufenthaltsraum. Manchmal war es dermaßen lustig oder auch spannend, dass ein harter Kern des Öfteren diese Zeit mal überzogen hat, unter uns die zukünftige Teamleitung (wir wußten zu diesem Zeitpunkt nichts davon). Ein sehr sympathischer, lustiger, kluger und kommunikativer Mensch, gern gesehen eben. Wenn er da war, wussten wir alle, es wird auf jeden Fall eine willkommene Abwechslung zum Tagesgeschäft.

Wir genossen jede Pause mit ihm gemeinsam und er offensichtlich mit uns.

Nun ergab es sich so, dass die Teamleitung eröffnete, dass sie sich anderweitig orientieren wird.

Jeder von uns hoffte nun auf diesen einen tollen Kollegen. Wir stachelten ihn sogar alle an, sich unbedingt auf den Posten zu bewerben, was er auch tat.

Um Dich nicht auf die Folter zu spannen, er bekam den Posten. Was glaubst Du, geschah jetzt?

In der Übergangszeit, also der Zeit, bevor er offiziell zum neuen Teamleiter ernannt wurde, wurde es still im Pausenraum, sobald er eintrat. Niemand sprach mehr offen, niemand lästerte, jeder hastete unverzüglich mit Blick zur Uhr und dem Kommentar: oh, bin schon fast 30 Minuten hier, muss zurück an den Schreibtisch, auf seinen Arbeitsplatz. Auch ich.

 

Plötzlich war es peinlich dort zu sitzen

Wir wussten, dass er wusste, dass wir gerne mal überziehen.

Einerseits wollten wir nicht respektlos erscheinen, nach dem Motto, ist doch nur der Olaf, der war doch selbst immer dabei, andererseits wollten wir nicht in schlechtem Licht dastehen. Wer will das schon. Immerhin ist er nun der Vorgesetzte. Komische Situation für alle.

Was noch erschwerend hinzukam, er hatte zu bestimmten Leuten des Teams eine innigere Beziehung als zu anderen, schon allein, weil diese Viererkombo von Anfang an dabei war. In dieses Kleeblatt konnte niemand eindringen, das war auch in Ordnung so. Werden diese übrigen drei Leute sich ihm gegenüber nun anders verhalten?

Nun, zumindest steht das zu befürchten.

 

Bist Du ein Verräter?

Der nette Kollege von einst ist nun ein Überläufer geworden, wird er der Geschäftsführung von uns berichten? Bisher war uns seine konträre Meinung zwar nicht egal aber eben auch nicht diskussionswürdig, ist doch unser Kollege. Nun aber… Zweifel über Zweifel. Unsicherheiten an allen Fronten. Was dachte er wirklich über unsere Argumente, Fragen, Albernheiten. Schließlich weiß er genau, wer “die da oben” als völlig inkompetenten Haufen empfindet. Er weiß genau, wer wie arbeitet. Was macht er nun daraus so als Vorgesetzter?

Du merkst schon, ein zweischneidiges Schwert.

Für Dich eine zwar nicht ausweglose aber dennoch steinige Angelegenheit. Gerade jetzt, wo Du Dich auf wichtige Aufgaben vorbereiten musst, erlebst Du den Rückzug Deiner Kollegen. Gerade jetzt, wo Du sie am meisten brauchst, machen sie sich rar. Du hast weder “oben noch unten” jemanden, der Dich unterstützt, Dich und Deine Handlungen reflektiert. Deine Gedanken, Gefühle und Befindlichkeiten fahren Achterbahn mit Dir. So hattest Du Dir das nicht vorgestellt.

Klar, Du ahntest schon, was auf Dich zukommt, Du wusstest, dass es kommt. Aber das es sich so anfühlt, das konntest Du vorher nicht wissen. Und JA. Es fühlt sich mies an.

Manchmal kommst Du Dir vor wie ein Verräter, Unkenrufe werden laut. Oh, der Olaf, jetzt wo er was Besseres ist, geht er natürlich mit dem Vorstand essen, wir sind ihm ja zu unbedeutend. Nee, is klar.

Was tust Du? Suchst Du Dir einen Verbündeten? Ziehst Du Dich zurück. Machst auf Kumpel. Oder bittest Du um Rückendeckung und wenn ja, wen?

Es ist egal, was Du jetzt tust, Du machst es immer für eine Seite falsch.

Das ist das Los einer Führungskraft, zumindest wenn sie aus den eigenen Reihen rekrutiert wird und dann dort verbleibt. Du hast es Dir immer so schön vorgestellt, Spitzenteam, mit jedem kommst Du klar, Du bist gerne zur Arbeit gekommen und nun?

Du hast Dich auf den Karriereschritt gefreut, Du hast Dich auf Anerkennung eingerichtet, zu Recht. Ist es doch ein Vertrauensbeweis der Führungsetage Dir gegenüber.

 

Musst Du nun einsam sein?

Du wirst auch mal wenig prominente Entscheidungen treffen müssen, diese können zu Reaktanz und Ablehnung führen.

Wie Du damit fertig wirst, verrate ich Dir in meinem nächsten Blogartikel der Serie:

Plötzlich Führungskraft.

Findest Du Dich wieder in der Beschreibung, dann schreibe mir doch einfach Deine Fragen, Erkenntnisse oder Befürchtungen. Ich werde jede Frage beantworten, versprochen.

 

Der eine wartet, bis dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.

Dante Alighieri

www.quovadix.de
Elke Dola ist PotentialProfiler und Mindset-Ninja, Wirksamkeitstrainerin, Keynote-Speakerin, Dozentin für Körpersprache, Rhetorik und positive Kommunikation, Referentin für salutogene Gesprächsführung, Kolumnenschreiberin, Arbeitspädagogin, Texterin und staatl. gepr. Referentin für Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit (DAPR), Mentor für Online- und OfflineunternehmerInnen und zert. psychologische Beraterin nach Dr. Migge