Einladung von Personalcoach Jörg Unkrig zu seiner Blogparade Thema: V O R B I L D

Herzlichen Dank Jörg, für diese Einladung zum Thema Vorbild, die mich zu sehr intensivem Nachdenken über die Welt und in meine Jugend geführt hat.

http://blog.unkrig-personalcoaching.de/wordpress/blogparade-blogkarneval-vorbild-2016/

 

Vorbilder? Hab ich nicht!

Zunächst konnte ich mit diesem Titel rein gar nichts anfangen. Vorbilder waren nie so mein Thema, dachte ich.

Gehörte ich doch nie zu den Menschen, die Poster an den Wänden kleben hatten, von Musikern, Tänzern, Sportlern oder Gelehrten, denen diese nacheiferten, nie wollte ich sein, wie der oder die oder das.

Dann habe ich lange überlegt, was ein Vorbild überhaupt ist. Wikipedia sagt, es sei jemand, dem man nachzueifern versucht. Hm. Nö, kann ich mich nicht identifizieren. Ich eifere niemandem nach.

Dabei besitze ich gar kein so großes Selbst-Bewusst-Sein, dass ich es nicht nötig hätte.

Also musste ich mir die Frage stellen, was mich eigentlich geprägt hat, welche Wert und warum. Warum bin ich so wie ich bin? Und will ich so sein?

Dabei ist mir dann aufgefallen, dass ich sehr wohl Vorbilder hatte, die haben alle aber gar keinen großen Namen, vermutlich kennt die außer mir sogar niemand. Und es waren nicht die Menschen selbst, die mich faszinierten, sondern etwas, was sie taten, nicht taten oder geschafft haben.

 

Das Vorbild und das WIE

Und hier interessierte mich wohl immer mehr das WIE. Wie haben sie es gemacht, wie haben sie es geschafft? Kann ich das auch?

Damals wusste ich noch nicht, was Vorbilder sind und das ist auch gut so. Bücher von Hanni und Nanni haben meine Kindheit durchwandert. Später Pippi Langstrumpf, natürlich. Leider war mir aber auch immer klar, dass es sich hier eher um Phantasiefiguren handelt, denn um Vorbilder, denen man nacheifern kann. Dann noch mein großer Bruder, ja der hatte was. Aber er war ja auch ein Junge, also unerreichbar für mich und meine Mädchenwelt. Meine Bewunderung für ihn ging allerdings so weit, dass ich am liebsten kein Mädchen sein wollte.

Wenn man meine Eltern befragen würde, sie würden ohne mit der Wimper zu zucken sagen, dass ich wahrlich kein Mädchen war. Dennoch versuchte ich einfach nur, nicht ich zu sein. Taugt also auch nicht so recht als Funktion. Zöpfe versteckt, Jungensache getragen, gebolzt, gekloppt (nicht Haare ziehen, das ist ja für Mädchen), nee, drauf gehauen, mich gewehrt, nicht zimperlich sein, nicht heulen, nicht petzen – alles Mädchenkram.

 

Jungs und Zicken

Dann kamen die doofen Jungs ins Spiel, Mist, nun wollte ich doch eher Mädchen sein. Was nun?

Keines der Mädels reizte mich so sein zu wollen wie sie. Langweilig, jammernd, zickig, launisch oft listig.

Mir gefiel es wie die Jungen waren, offen, direkt, streiten, hauen wieder zusammen Fußball spielen.

Aber…ich war nun mal ein Mädchen. Dann kam meine Ausbildung, wie konnte es anders sein, 2 Chefs, ein Meister, 40 Monteure und ich als Azubine. Herrlich. Ich wurde hofiert, geachtet und gefördert, gefordert und anerkannt. Es war ein Elektrobetrieb, ich im Büro, alle anderen auf dem Bau. Keine Scheu in die Werkstatt zu gehen, freiwillig den Monteuerbulli sortiert, gesäubert und dann wieder an der Schreibmaschine gesessen. So hießen die Dinger damals auf denen man Geschäftsbriefe schrieb.

 

Und dann geschah es

Da lernte ich sie kennen. Sie, das war eine Mitschülerin der Berufsschule, Sabine hieß sie. blond, langmähnig, schön, wild, aus gutem Hause, gepflegte Ausdrucksweise, männermordend.

Heute würde ich sagen, sie war doch irgendwie ein Vorbild zumindest das, was sie tat. Sie war eine gute Schülerin, eine sehr gute, sie zog die Prüfung vor, ich tat es ihr gleich. Sie zog sich extrem unkonventionell an, ich wollte das auch, sie sprach tolle Wörter, ich wollte das auch. Aber im Gegensatz zu mir war sie blond von Natur aus, ich hatte kohlrabenschwarze Haare, wir waren gleich groß, aber sie hatte die bessere Figur. Ihre Augen waren himmelblau, meine dunkelgrün mit braun. Sie konnte alles besser, war in allem besser und sie war der Star. Sie fuhr als erste Auto, ein Cabrio, ich hatte noch nicht mal den Führerschein. Ich war, glaube ich, ein halbes Jahr jünger als sie. Erst heute in der Rückschau, genau genommen, seit dieser Blogparade ist mir klar, wie sehr ich doch ein Vorbild hatte. Es war für mich nicht interessant, dass sie ihr Auto zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Mich interessierte nur, wie auch in an ein Auto komme.

Ich ging noch nebenbei arbeiten, denn den Führerschein musste ich mir auch erst einmal erarbeiten. Das gelang. Stolz. Den Motorradführerschein machte ich gleich mit. Und kaufte mir ein Motorrad. Alles aus eigener Kraft. Aber wie gesagt, das war nicht so wichtig. Wichtig war nur, dass sie mir half, diese Wege zu finden, einfach dadurch, dass ich auch die Freiheit eines eigenen Gefährts haben wollte. Natürlich habe ich sie damals nicht gefragt, ob sie ihr Auto selbst bezahlt hätte. Das war auch gut so.

Möglicherweise hätte ich sonst damit gehadert, dass ich nicht aus betuchtem Elternhaus kam. Habe ich aber nicht. Wir bestanden beide die vorgezogene Prüfung zur Bürokauffrau, sie natürlich etwas besser als ich. Sie zeigte mir ein Nachtleben, wir tobten uns aus. Sie akzeptierte mich, einfach so. Sie versuchte nie, mich zu ändern. Ich war diejenige die hinsah, hinhörte, abguckte, beurteilte. Ihr war egal, was die Leute sagten. Sie tat, wozu sie Lust hatte und vergaß nie, ihre Pflichten sehr gut zu erfüllen. Sie machte sich direkt nach der Ausbildung selbstständig. Der Laden lief. Ich habe sie nie gefragt, woher sie das Geld für einen eigenen Laden bekam. Ich ließ mich nebenbei bei ihr anstellen und arbeitete abends in ihrem Sonnenstudio. (Damals gab es nicht viele davon). Schaute ihr über die Schulter, wenn sie in ihrem eigenen Wohnzimmer die Buchführung machte und bewunderte sie still und heimlich dafür. Was ich mit in mein Leben nahm… einfach nur, dass alles möglich ist.

 

Die Prägung

Wie sehr mich all das prägen sollte, wurde mir erst gar nicht klar. Aber ich entwickelte mich zu jemandem, der irgendwie anders war als die anderen. Sei es nun der Jugend geschuldet, dass ich mich alles traute und mir alles zutraute oder ihr, es war einfach so. Ich bezog meine erste eigene Wohnung mit 18 Jahren, ich fuhr einen VW Käfer- himmelblau, günstig, meins. Sie heiratete, ich blieb freiwillig Single. Es musste ja noch so vieles geschafft werden, da konnte ich keine feste Bindung gebrauchen. Irgendwann verloren wir uns aus den Augen. Als ich viele Jahre später heiratete, war sie bereits geschieden. Sie stand immer zu ihren Entscheidungen, nie suchte sie Schuldige, nie klagte sie.

Ganz klar, dass ich schon bald in die Selbstständigkeit ging. Allen Unkenrufen zum Trotz lief sie verdammt gut. Stetiges Wachstum und ein Unternehmertum sollten mich begleiten. Single, Unternehmerin, authentisch und frei von Angst, erfolgreich und selbstsicher. Alles geschafft. Aber glücklich war ich nicht. Komisch.

 

Es reicht nicht

Immer auf der Suche nach mehr, mehr Sinn, mehr Freude, mehr Leben, mehr Freiheit beging ich Fehler. So bröselte das Selbstbewusstsein dahin, der Stolz auch. Von Haus aus so erzogen, dass man dies oder jenes zu tun habe, hielt ich das eine Zeit lang für den richtigen Weg. Wurde brave Ehefrau, bekam einen Sohn, gab irgendwann den Laden auf und ging zurück ins Angestelltenleben.

Dass ich mittlerweile total unangepasst war, kein guter Arbeitnehmer war , sondern mit Leib und Seele Unternehmerin, ließ mich Fortbildungen über Fortbildungen besuchen. Ich lernte Menschen kennen, die mir immer irgendwas voraus hatten. Studium, akademische Abschlüsse, Eigentum, etwas war immer. Gut, ich studierte neben dem Vollzeitjob und dem Kind und dem Haushalt, dem Mann und allerlei Verpflichtungen.

 

Kein Neid, allerhöchstens ehrliche Bewunderung

Nie empfand ich Neid, immer höchstens Bewunderung, ich sprach mit den Menschen, fragte nach dem Erfolgsweg, hörte zu und lernte. Ging meinen Weg. Manche davon begleiteten mich ein Stück des Wegs, andere verschwanden so schnell, wie sie hinein gekommen waren. Wie jeder Mensch wurde auch ich enttäuscht, überrascht, übervorteilt oder ausgeschlossen, selbst bewundert und geächtet. Alles dabei. So muss es wohl sein. Wie könnte jemand sonst er selbst werden? Alles war zu der Zeit, als ich es tat, die richtige Entscheidung. Später eben nicht mehr. Was immer gleich geblieben ist, ist das Prägende.

 

Vorbilder aus Büchern

Bücher über Erfolge, z.B. Lee Iacocca war mein Einstieg in die Vorbilderwelt. Bücher wie fish!, Dozenten in Seminaren, Menschen, die selbst Bücher geschrieben haben, all das ließ mich nie zur Ruhe kommen. Es gab noch so viel zu entdecken, so viel zu tun, so vieles in die Welt zu bringen. Je mehr ich allerdings nach Vorbildern suchte, um so größer war immer wieder die Ent-täuschung, dass sie entweder völlig andere Grundvoraussetzungen hatten oder aber nicht ehrlich waren (siehe Plagiatsaffäre Guttenberg, Schavan Affäre, Betrügereien in Ministerien, Management von Konzernen, Banken oder Stars wie Milli Vanille).

Von den Politikern und ihren hanebüchenen Vorwahlreden möchte ich gar nicht erst anfangen.

 

Dschungelcamp, Comic und Co

Aber ist es genau darum nicht umso wichtiger, nach Vorbildern zu suchen? Wer taugt zum Vorbild? Aufgehübschte, silikonhaltige Schönheitsidole (?), künstlich geschaffene Wesen wie Mangas, Mutter Theresa, Altkanzler, Stars?

Meiner Meinung nach taugt niemand zum Vorbild. Jedoch hat wohl jeder irgendetwas, dass nachahmenswert sein könnte, wichtiger finde ich allerdings, dass jeder in seinem Leben glücklich ist. Gaukeln uns sogenannte Vorbilder nicht nur vor, dass etwas so oder so sein könnte? Bringen sich scheinbar begehrte Weltstars, von allen bewundert und kopiert, reich und schön nicht allzu häufig um? Sind die 14 jährigen Kindermodels, die eine Creme für die reife Haut anpreisen, nicht selbst nur eine Mogelpackung. Können wir so aussehen wie mehrfach retuschierte Damen in der Hochglanzwelt der Printmedien? Möchten wir Musiker sein, dessen Stimmen künstlich in Studios so hochgepimpt werden, dass wir sie als hörbar empfinden und die für dieses “Kunstwerk” bewundert werden? Oder doch lieber nur die Marionette eines Drahtziehers, der seinen Mist nicht selbst auf der großen Bühne der Popularität verzapfen will. Wie ist es mit preisgekrönten, gefeierten Sportlern, die am Ende doch nur bis Oberkante Unterlippe gedopt waren. Was könnten denn heutzutage Vorbilder sein, in welcher Passion und für wen?

 

Ist es bei all dem Wissen überhaupt noch zeitgemäß ein Vorbild zu haben?

Klar, viele Jugendliche suchen sich sogar C-Promis a´la Nackedei im Dschungelcamp als Vorbild aus, aber ob das erstrebenswert ist, lass ich mal so im Raum stehen. Soll ja auch Menschen geben, die Barbie als Vorbild haben und sich dafür 65 Operationen unterziehen. Ich bin mir nicht sicher ob das Wahnsinn oder Dummheit ist. Mittlerweile gereichen ja Comic-Figuren wie Jessica Rabbit zum Vorbild.

 

Ganz normale Dinge und Castingshows

Liegt es nicht daran, dass sogenannte “alte Werte” keinen Bestand mehr haben. Was ist geworden aus Ehrlichkeit, Pünktlichkeit, Höflichkeit, Disziplin, Ehrgeiz, integrem Verhalten, Freundschaft, Familie und Identifizierung mit dem Arbeitgeber?

Es geht doch zu häufig nur noch um das eigene Vorankommen, um den eigenen Vorteil, das eigene Wohl und um Macht.

Mehr zu besitzen als der Nachbar, höher zu kommen als der Kollege, jedes Mittel ist dazu recht, mehr zu glänzen als die “Freunde”, wie das passiert ist auch egal.

Castingshows lehren uns, dass ein völlig durchgeknallter Typ in Abwesenheit jeglichen Talents durchaus große Chancen hat ins Finale zu gelangen, Hauptsache abgedreht, unangepasst und spleenig.

Ein völlig normaler Mensch, der einen Beruf erlernt hat, diesem nachgeht bis zur Rente, sich ein kleines Häuschen leistet und ein Auto, seit 28 Jahren verheiratet ist mit derselben Frau, ein oder zwei Kinder und einen Hund sein eigen nennt, der den Nachbarn im Garten hilft, wie langweilig ist das denn? Das ist doch nichts Großartiges mehr. Ein Unternehmen, welches sich für seine Mitarbeiter einsetzt, familienfreundlich ist und nicht bei der erstbesten roten Zahl ohne schlechtes Gewissen Leute entlässt und so ganze Existenzen zerstört, das gibt es doch gar nicht mehr. Wie also sollte man sich damit identifizieren? In einer Unternehmenskultur der Fehlervermeidung statt des Wachstums kann doch niemand an Vorbilder glauben. In einem Unternehmen welches nur Mitarbeiter einstellt, wenn der Staat dies subventioniert, mit Geldern die wiederum andere bessere gebrauchen können und diese Mitarbeiter wieder kurzerhand entlässt, wenn die Zuwendungen der Ämter auslaufen, sorry, da lässt sich kein Vorbild finden. Und das bei so wunderschön zu lesenden Firmenphilosophien.

 

Küche, Kinder und mehr

Vorbilder, die angeblich christlich geprägt sind, Fehlanzeige, hier müssen wir leider von Unterschlagung, Bereicherung, Mißbrauch und anderen unmenschlichen Vergehen sprechen, taugen also ebenfalls nicht.

Nein, Vorbilder gibt es keine.

Mir ist ein ganz normaler Mensch, der ganz einfacheWerte hat, wie Respekt vor der Gastfreundlichkeit, Höflichkeit im Allgemeinen, Freundschaft als höchstes Gut betrachtet, sich selbst mal zurücknimmt, weil es jemandem aus der Familie schlecht geht, einfach mal etwas verschenkt ohne dies auf Facebook zu verbreiten und jemanden einfach mal unterstützt, ohne ihm dies später aufzurechnen viel, viel lieber als ein Vorbild, welches sich doch nur als Makulatur erweist.

Als Coach für Führungskräfte wünsche ich mir natürlich, dass sich Firmenchefinnen und Chefs zum Vorbild entwickeln zumindest in dem Teilbereich, indem dies heutzutage noch möglich ist. Zum Beispiel mit Menschlichkeit, Verständnis, zielgerichteter Förderung eines Einzelnen, Wertevermittlung für die, die noch lernen sollen oder müssen und das Ganze ohne Mobbing oder Bossing, ohne cholerische oder narzisstische Züge….aber das wäre eine neue Blogparade 🙂

 

www.quovadix.de
Elke Dola ist PotentialProfiler und Mindset-Ninja, Wirksamkeitstrainerin, Keynote-Speakerin, Dozentin für Körpersprache, Rhetorik und positive Kommunikation, Referentin für salutogene Gesprächsführung, Kolumnenschreiberin, Arbeitspädagogin, Texterin und staatl. gepr. Referentin für Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit (DAPR), Mentor für Online- und OfflineunternehmerInnen und zert. psychologische Beraterin nach Dr. Migge