Aus der Serie: Plötzlich Führungskraft
Olaf “erkennt” sich selbst
Wir erinnern uns an Olaf, der Nachwuchsführungskraft, anfängliche Hürden hat er mit Bravour gemeistert.
Sein Team ist ganz gut zusammengewachsen. Er wird geachtet und fühlt sich im Großen und Ganzen akzeptiert, ja bei einigen war sogar ein ganz neuer Motivationsschub zu verzeichnen. Aber natürlich gibt es auch in seinem Team immer noch die ewigen Jammerer, Nörgler, Dauerschwerenöter und Besserwisser. Also alles ganz normal.
Was aber macht Olaf, um auch diese Mitarbeiter zu für sich zu gewinnen? Kann er das überhaupt?
Die Frage, ob das überhaupt sein muss, stellt sich nicht nur unsere junge Führungskraft.
Olaf ist reflektiert genug, um auch seinen Anteil daran zu suchen und spricht mit seinem Businesscoach/Führungskräftecoach darüber.
Dieser ahnt schon, worum es Olaf geht und gemeinsam stellen sie in Rollenspielen nach, wann es zu welcher Reaktion bei wem kommt.
Die schwierigen Mitarbeiter und ihre Profile
Zusammen beleuchten sie Zyniker, Kontrollmenschen, Störer, Intriganten, Lügner, Zeitabsitzer, Opfer, Selbstdarsteller, Platzhirsche, verhinderte Anführer und Leidende.
Nicht in jedem Team ist einer aus jeder Gattung zu finden aber in jedem Team gibt es mindestens 2-4 Teammitglieder, die zu einer dieser Gruppen gehören.
Schnell kristallisierte sich heraus, mit welcher Spezies Olafs Team zurechtkommen muss.
Schon will er sich gestärkt zurücklehnen, hat er doch jetzt so etwas ähnliches wie einen Handlungsleitfaden an der Hand, da wird er von seinem Coach unsanft ins Leben geschubst.
Die einfache Frage:
“Olaf, was ist Ihr Anteil daran?” bringt ihn völlig aus der Fassung.
Auf die Idee, dass er damit etwas zu tun haben könnte, ist er nie gekommen. Waren die denn nicht immer schon so? Was soll das denn jetzt, er zweifelt bereits daran, ob er den richtigen Führungskräftecoach ausgesucht hat und kann sich kaum beruhigen. Das ist doch unverschämt, anmaßend, eine Unterstellung gar!
Sie verabreden, dass Olaf zum nächsten Setting seine Gedanken über seinen möglichen Anteil am Verhalten der Mitarbeiter verschriftlichen soll. Olaf sagt verbal zu aber seine Körperhaltung verrät bereits, dass er weit davon entfernt ist, dieser Bitte nachzukommen.
Es wäre kein guter Businesscoach, wenn er die Reaktion nicht richtig einschätzen könnte, er weiß, Olaf wird wieder kommen.
Für das kommende Setting bereitet der Coach das Riemann-Thomann-Modell auf dem Flipchart vor.
Es geht darum, die unterschiedlichen Ausrichtungen der Persönlichkeiten zu kategorisieren.
Das Riemann-Thomann-Modell geht von vier Grundströmungen aus
Näheausrichtung
Hier finden sich Menschen wieder, die Nähe zu anderen Menschen geradezu brauchen. Bindung, Zuneigung, Vertrauen, Sympathie, Mitmenschlichkeit, Geborgenheit, Zärtlichkeit und Harmonie sind ihnen sehr wichtig denn sie suchen Wärme, Bestätigung, sind selbstlos bis hin zur Selbstaufgabe, haben soziale Interessen, können sich leicht mit anderen identifizieren.
Menschen mit der Ausrichtung nach Nähe gelten als kontaktfähig und -freudig, teamfähig, ausgleichend, zustimmend und verständnisvoll.
Distanzausrichtung
Diese Menschen sind das genaue Gegenteil der Nähemenschen. Sie lieben Abgrenzung, Freiheit, Individualität, Ratio und Handlung, das Ganze bitte ohne Gefühlsduselei.
Schnell wirken sie kühl, unnahbar, einzelkämpferisch und überheblich, dies aber zu Unrecht. Sie brauchen länger, um Beziehungen einzugehen und prüfen lange Zeit, ob das Gegenüber ihnen Rückzugsmöglichkeiten zugesteht. Energievampire beißen sich an diesem Typus die Zähne aus, denn im emotionalen Bereich sind die Distanzmenschen gar nicht erst zu packen. Auch nehmen sie ungern Hilfe an.
Dauerausrichtung
Die “guten deutschen Tugenden” werden von Menschen bevorzugt, deren Werte auf Zuverlässigkeit, Verantwortung, Planung, Struktur, Kontrolle, Gesetz, Pflicht, Regeln, Grundsätzen, Konsequenzen, Analyse und allerlei Notwendigkeiten ausgerichtet sind. Dieser Typus ist sehr prinzipientreu und dadurch wirkt er oft langweilig, erbsenzählerisch, starr und eben pedantisch. Oftmals belehren sie ihr Umfeld, finden sie doch in großen Werken wie Gesetzesbüchern, Rahmenplänen, Mantelverträgen, Vorschriftenkalatogen und geltenden “man muss doch”-Parametern jedwede Grundlage für ihr Denken, Handeln und Tun aber eben auch für ihr SEIN.
Wechselausrichtung
Du ahnst es schon, das Gegenteil der Dauerausrichtung. Gerne nehme sie jede neue Strömung auf, sind dem Fortschritt gegenüber aufgeschlossen, brauchen Leidenschaft, haben Phantasie lieben die Spontaneität, das Risiko. Oftmals überraschen sie mit kreativen Lösungen, sind dem Leben gegenüber neugierig und treten sehr unterhaltsam auf. Nicht selten sind sie aber auch chaotisch, wirken theatralisch, hüpfen von einem Interesse ins nächste und kreisen auch gern um sich selbst.
Warum das Olaf hilft
Selbstverständlich sind hier die Reinformen dargestellt und natürlich gibt es auch Mischformen aber es wird Olaf helfen, die Grundausrichtungen seiner Mitarbeiter einzuordnen. So weiß er besser, mit wem er am besten über Neuigkeiten, Umstrukturierungen, Vorschriften, Lösungsansätze, Werte und Ziele reden kann. Er bekommt eine Ahnung davon, wer ihn unterstützen wird und wo er mit Gegenwind rechnen kann. Damit trifft ihn so schnell nichts Unerwartetes mehr.
Olaf weiß nun, dass jeder einzelne Typus auch über einen eigenen Kommunikationsstil verfügt.
Der Coach
Das nächste Setting steht an. Olaf kommt pünktlich und mit gut sortierten Unterlagen zu diesem Treffen und hat natürlich seine Hausaufgaben gemacht 🙂
Nun klären Coach und Coachee den Anteil von Olaf an der Situation unter Zuhilfenahme des Riemann-Thomann-Modells. Schnell wird klar, warum unsere Nachwuchsführungskraft den richtigen “Ton” gar nicht immer zu treffen in der Lage sein kann. Aber eben auch, dass es nur mittelbar mit Olafs Person in Zusammenhang steht. Dem Coach bleibt nicht verborgen, wie sehr Olaf dieser Thematik zugetan ist und empfiehlt ihm die Literatur von Friedemann Schulz von Thun und Carl G. Jung.
Noch aber sind nicht alle Fragen und Zweifel beseitigt. Olaf weiß noch nicht, wie er mit Störern, Nörglern, Arbeitsverweigerern, Selbstdarstellern, Intriganten und/oder Platzhirschen umgehen soll.
Bevor Coach und Coachee ins “Eingemachte” gehen, muss zunächst einmal geklärt werden, warum Olaf diesen oder jenen Mitarbeiter als schwierig empfindet und ob es überhaupt so ist.
Was ist denn ein schwieriger Mitarbeiter?
Das Olaf von seinem Coach dazu aufgefordert wird, wieder zunächst an sich zu arbeiten, erstaunt ihn mittlerweile schon gar nicht mehr und so gehen sie frohen Mutes in die nächste Selbstreflexionsrunde.
Empfindet unsere junge Führungskraft verschiedene seiner Teammitglieder möglicherweise als schwierig, weil er deren Werte, Auftreten, Handlungen, Ansichten oder Kommunikationsmodelle nicht nachvollziehen kann? Ist er in dieser Situation so gefangen, dass er dies in die Leistungsbeurteilung mit einfließen lässt?
Olaf erkennt aber auch, dass es tatsächlich seine Aufgabe als Führungskraft ist, seine Projektionen auf die Mitarbeiter zu entschlüsseln.
Was wird er herausfinden?
Der Coach bereitet ihn darauf vor, dass schwierige Mitarbeiter oft Gründe für ihr Verhalten haben, die in der Welt der Mitarbeiter durchaus Berechtigung finden. Mitarbeiter sind auch fühlende Wesen, unterliegen positiven und negativen Einflüssen, fühlen sich gefordert, unter- oder überfordert, empfinden sich als ausgebremst oder Turbobooster, empfinden Lob als gerechten Lohn oder Schmeichelei für Mehrleistung, Tadel als persönliche Niederlage oder Laune des Chefs.
Was unsere Führungskraft unternehmen wird, um seine Mitarbeiter “unter einen Hut” zu bringen, erfährst Du in der nächsten Folge über “schwierige Mitarbeiter”.
Hast Du Dich in einer der Beschreibungen wieder erkannt? Hat Dein Vorgesetzter bei Dir die richtigen Hebel gesetzt? Lass es uns gerne wissen – auch wir lernen täglich dazu und genau dafür sind Deine Erfahrungen wichtig.
Der eine wartet, bis dass die Zeit sich wandelt, der andere packt sie kräftig an und handelt.
Dante Alighieri
www.quovadix.de
Elke Dola ist PotentialProfiler und Mindset-Ninja, Wirksamkeitstrainerin, Keynote-Speakerin, Dozentin für Körpersprache, Rhetorik und positive Kommunikation, Referentin für salutogene Gesprächsführung, Kolumnenschreiberin, Arbeitspädagogin, Texterin und staatl. gepr. Referentin für Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit (DAPR), Mentor für Online- und OfflineunternehmerInnen und zert. psychologische Beraterin nach Dr. Migge
Hallo,
Olaf macht das sehr gut und natürlich ist seine Empörung erstmal nachvollziehbar. Denn nicht jeder kennt die Funktionsweise von Systemen.
Toll, dass sich Olaf jetzt mit Typologien geschäftigt. Das Riemann-Modell ist eines, Schulz-von-Thun ein anderes, Virginia Satir hat auch noch eines.
Meta-Programme aus dem NLP können helfen oder die Teamrollen nach Belbin. Ja, das sind alles Schubladen und jeder Mensch ist individuell. Und deshalb helfen diese Modelle, die Komplexität des Menschen in ein paar Typen zu packen.
Ich bin zuversichtlich, Olaf wird das schaffen.
Danke David für Dein Feedback, ja stimmt, Virginia Satir sollten wir nicht vergessen. Danke für den Tipp mit Belbin, kann ich gut gebrauchen für die nächste Serie im Herbst 16. Kennst Du Dich mit Typologien aus? Dann sollten wir uns wohl mal austauschen 🙂 Olaf wird noch einige Schleifen ziehen aber am Ende gelangt er an sein Ziel :-). Es bleibt spannend, versprochen. Herzliche Grüße aus dem grauen Pott.
Also ich muss mal sagen , Olaf hat da wirklich einen super Coach gefunden! Die Tipps und Anregungen die ergibt, lassen auch in mir gerade etwas arbeiten. Mal sehen was dabei heraus kommt.
Toller Artikel !!!!
Liebe Grüße Daniela
Hoi Lilly
Mich hat deine Serie sehr angesprochen. Ich wünschte mir, dass sich diese viele (Nachwuchs-) Führungskräfte zu Gemüte führen.
Der schwierige Mitarbeiter hat es mir besonders angetan. Bei den Athleten ist das sehr ähnlich.
Wenn eine Führungskraft die Bedürfnisse und Motive seiner Mitarbeiter erkennt auf diese eingehen kann, zeugt das von Grösse und Weitblick.
Ich glaube der Kommander ausgedient hat und es braucht mehr Olafs und Coaches wie du.
Leider habe ich nur ganz wenige Führungskräfte erlebt, welche Mitarbeiter ressourcenorientiert geführt und gefördert haben. Den meisten Stand das eigene Ego im Weg. Folge: Gute Pflänzchen durften nicht wachsen.
Denke das ist der Grund, weshalb es in vielen Firmen grau und trostlos ist.
Stell dir vor was passieren würden, wenn du eine Firma voll mit farbigen Pflanzen hast die gedeihen udn sich entwickeln. Und einen Gärtner (Führungskraft) der diese hegt und pflegt.
Das würde man sogar von aussen sehen 😉
Lilly mach weiter so!
Lieber Gruss
Martin